Gartenkunst im Passauer Land - Orangeriegewächshaus am Amtsgericht in Passau
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Gartenkunst im Passauer Land - Orangeriegewächshaus am Amtsgericht in PassauOrangeriegewächshaus
am Amtsgericht in Passau

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Die besondere topographische Situation in Passau erforderte außergewöhnliche Lösungen für die Gartenkunst. Am heutigen Amtsgericht, dem so genannten Herbersteinpalais, befindet sich wie an der Residenz ein „hängender Garten“ auf einer Terrasse über dem Inn. Das 1590 errichtete Palais wurde nach dem Stadtbrand 1662 wiederhergestellt. Das dreigeschossige, dreiflügelige Gebäude öffnet sich zum Inn mit einem Innenhof und einem kleinen Garten. An die hohe Stützmauer zum Inn angelehnt wurde auf einer Stützmauer nach Süden ausgerichtet ein „hängendes Orangeriegewächshaus“ mit 12 Fensterachsen und leicht schräg gestellter Fassade errichtet.

 

 

 

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Der Typus des Orangeriegewächshauses taucht in Deutschland etwa ab 1730 auf. Im Gegensatz zu den Orangeriegebäuden, die neben der gärtnerischen Nutzung zur Überwinterung der kostbaren Orangeriepflanzen auch für repräsentative Zwecke verwendet wurden, und dementsprechend oft eine reiche bauplastische Dekoration erfuhren, waren die Orangeriegewächshäuser einfache Nutzgebäude, deren Bauform  auf  die  Bedürfnisse  derPflanzen ausgerichtet waren. Rück- und Seitenwände sind als geschlossene Wände in Stein oder Fachwerk errichtet. Die Südfassade ist leicht schräg gestellt, völlig verglast und weist einen Sonnenfang auf. Diese Hohlkehle besteht aus einer meist verkleideten Holzkonstruktion, die die anfällige Glasfassade vor der Witterung schützen und in geringem Maße auch die Wärme halten sollte. Erst mit der Entwicklung der Gieß- und Walztechnik in der Glasherstellung seit dem Ende des 17. Jahrhunderts konnten größere Glasplatten gefertigt werden, die eine derartige Auflösung der Fassade in Glas ermöglichten.

In Deutschland wurde dieser Typus als einfaches, schmuckloses, reines Nutzgebäude in der Regel in den Küchengärten errichtet, während die Orangerien als repräsentative Gebäude an exponierter Stelle im Schlossgarten standen. In Kombination mit Mittel- oder Seitenpavillons konnte die reine gärtnerische Nutzung dieser Häuser jedoch auch mit einer gesellschaftlichen Nutzung wie Teepavillon o. ä. erweitert werden. In Österreich dagegen entwickelten sich die Orangeriegewächshäuser zur überwiegend verwendeten Bauform. Ein Beispiel dafür ist das heute als Café genutzte Gebäude in Schärding mit zweistöckigem Mittelrisalit und seitlichen Sonnenfanghäusern.

In vielen Gärten wurden Orangeriegewächshäuser errichtet, heute sind jedoch nur noch wenige dieser Art erhalten. Eines der wenigen, das bis heute gärtnerischen Zwecken dient, ist das um 1757 errichtete Orangeriegewächshaus im ehemaligen Klostergarten in Seligenstadt am Main.

Das Orangeriegewächshaus am heutigen Amtsgericht in Passau ist aufgrund seiner einzigartigen Lage als „hängendes Orangeriegewächshaus“ außergewöhnlich. Darüber hinaus ist es das einzig erhaltene Zeugnis einer herausragenden Orangeriekultur im Passauer Land, die nachweislich im fürstbischöflichen Garten in Hacklberg vor 1554 begann, sich über Klöster, Schlösser und Herrenhäuser im Passauer Land verbreitete und größtenteils erst mit der Säkularisation und der Mediatisierung ein Ende fand. Das Orangeriegewächshaus am „Herbersteinpalais“, das im 18. Jahrhundert als Wohnung der Passauer Bürgermeister diente, ist darüber hinaus ein Beispiel für die Orangeriekultur im städtisch-bürgerlichen Kontext.

Eine weitere Erforschung dieses Gebäudes sowie die Erhaltung und Nutzung müssen daher oberstes Ziel sein.
(Dr. Claudia Gröschel 03 / 2005)

Weiterführende Informationen:

Im Auftrag des Staatlichen Hochbauamtes erfolgten Recherchen in den zuständigen bayerischen Archiven, Bibliotheken, Museen sowie im Katasteramt (s. Anhang) mit dem Ziel, die Geschichte des Gebäudes näher beschreiben zu können. Da sich die Liegenschaft Schustergasse 4 (vormals 44) bis zum Ankauf durch den Stadtmagistrat Passau im Jahre 1901 durchgängig in Privatbesitz befand, sind in den hochfürstlichen Akten im Bayerischen Hauptstaatsarchiv München keine diesbezüglichen Schriftstücke vorhanden. Auch in den anderen Archiven konnten keine schriftlichen Quellen zu dem Orangeriegewächshaus gefunden werden. Dagegen sind bildliche Quellen vorhanden, anhand derer die Bauzeit auf die Jahre 1819 und 1826 einzugrenzen ist.

1802 erwarb Georg Josef Wieninger, Bierbrauer zu Vilshofen, die Liegenschaft. Dieser verkaufte 1807 den Besitz an seinen Sohn, Johann Georg, Material- und Spezereihändler, Tabakfabrikant und Oelstampfer. Im Februar 1811 heiratete Johann Georg Wieninger die Kaufmannstochter Marie Therese von Poschinger. 1827 starb Georg Wieninger und seine Frau zog mit ihrer jüngeren Schwester zu dem gemeinsamen Bruder Ludwig von Poschinger nach München.

Das Haussteuerkataster aus dem Jahr 1808 verzeichnet Johann Georg Wieninger, Kaufmann, als Besitzer der Liegenschaft Schustergasse 44 und gibt als Gegenstände des Besitzes „27. Gemauertes Wohnhaus Nr. 44, samt Höfel / 28. Das Tawak Fabrik Gebäude / 29. Der Hausgarten“ an. Auf dem dazu gehörigen Lageplan ist ein quadratisches Gebäude am Ende der Gartenmittelachse eingezeichnet. Über die Funktion des Gebäudes können keine Aussagen gemacht werden. An der Stelle des heutigen Orangeriegewächshauses befindet sich jedoch kein Hinweis auf ein Gebäude.

Auf einer Ansicht der Stadt Passau vom Inn aus dem Jahr 1819 ist das Wohnhaus der Familie Wieninger erkennbar, jedoch ohne Orangeriegewächshaus. Im colorierten Urkataster der Stadt Passau von 1827 ist das Orangeriegewächshaus erstmals im Plan nachweisbar. Folglich kann die Bauzeit auf 1819 t.p.q. und 1827 t.a.q. eingegrenzt werden.

Erstmals schriftlich erwähnt wird das Orangeriegewächshaus im Kaufvertrag vom 2. April 1904: „Pl. Nr. 59 Baum- und Wurzgarten mit Glas- und Sommerhaus zu 0,089 ha“.

Deutlich erkennbar ist das Gebäude darüber hinaus auf einem Gemälde aus dem Jahr 1841 sowie auf der Ansicht von Franz Weismann von um 1900.

Trotz der Bemühungen einer möglichst lückenlosen Dokumentation der historischen Unterlagen konnten weitere Nachrichten über den Garten und das Orangeriegewächshaus wie z. B. Nutzung oder Pflanzeninventare nicht ermittelt werden.

(Quelle: Zusammenfassung der Forschungsergebnisse von Norbert Nordmann beruhend auf verschiedenen staatlichen und gemeindlichen Aufzeichnungen)

Gartenkunst im Passauer Land - Orangeriehaus - zur Internetpräsentation des Arbeitskreises Orangerien in Deutschland e.V.

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