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Abbildung: "Hortus Ornavit" der Ziergarten östlich des Schlosses 1640
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Abbildung:Michael Wening: Residenz Alt Orttenburg, 1723
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Abbildung: Erster Suchschnitt
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Abbildung: Tonscherbe einer glasierten Zierschale mit Maskeron- Maskarondarstellung
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Abbildung: Fundament an der Westseite des Pomeranzenhauses
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Um 1650 berichtet der Historiograph Magister Michael Gall zum ersten Mal von einem Ziergarten. Friedrich Casimir, der Künstlergraf (1591-1658), hatte in Ortenburg zeitgemäß, nach dem Vorbild der italienischen Gartenkunst einen kleinen Garten angelegt, den Gall in seiner Beschreibung als "Hortus Ornavit" bezeichnete.
Daneben befand sich ein "Thirgarten" südöstlich des Schlosses, in dessen Gehege Hirsche, Rehe und anderes Wild gehalten wurden. Der Lustgarten erstreckte sich auf dem Bergsporn östlich der Vorburg. Innerhalb einer Mauer lagen vier Kompartimente mit einem Brunnen als Mittelpunkt. Am östlich Ende des Gartens, in die Mauer integriert, befand sich als Endpunkt der Gartenmittelachse ein kunstvoller, zweistöckiger Pavillon. Am nördlichen Ende der Gartenquerachse ist ein weiteres, jedoch wesentlich schlichteres Gebäude zu erkennen, dessen Funktion noch nicht geklärt ist.
Unter Graf Georg Philipp (reg. 1684 -1702) erfolgte ein Umbau der Schlossanlage. Mit der Planung seiner Bauten beauftragte er den Graubündner Baumeister Antonio Riva (gest. 1713). Zu Beginn des 18. Jahrhunderts wurde der Garten erweitert und entsprechend der neuen, französischen Gartenkunst modernisiert. Aufgrund der topographischen Situation musste jedoch auf eine unmittelbare Beziehung von Garten und Schloss verzichtet werden. So ist der Ausgangspunkt der Mittelachse kein zentraler Saal des Schlosses, sondern ein Seitenflügel der Vorburg. Um diesen Mangel zu beheben, plante Riva eine prachtvolle Treppenanlage und vermutlich eine Sala Terrena.
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Auf dem Stich Michael Wenings aus dem Jahr 1723 sind wesentliche Veränderungen an der Vorburg und im Garten dokumentiert. An den mit Broderiebeeten reich verzierten Lustgarten schließt sich nun östlich ein Küchengarten an. Die Hänge unterhalb des Schlosses sind terrassiert und mit Bäumen bepflanzt. Am Ende der Mittelachse steht ein aufwändiges, zweistöckiges Lusthaus mit einem Säulenumgang im Obergeschoss, von wo sich ein weiter Blick ins Passauer Land bot, aber auch der erhöhte Blick auf das Parterre im Garten.
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An der nordöstlichen Grenze befindet sich ein kleines Heckentheater. An der Stelle des kleinen Gebäudes am Nordrand des Gartens ist nun ein abschlagbares Pomeranzenhaus zu erkennen, das der Hainberger Zimmerermeister Daniel Wißpeuntner 1704 errichtete.
Zwischen zwei Kopfbauten sind innerhalb von Schutzmauern Pomeranzenbäume ausgepflanzt. Dieser von den Limonaie am Gardasee stammende Bautypus tauchte erstmals 1685 im süddeutschen Raum auf. Es ist davon auszugehen, dass Antonio Riva neben dem Schlossumbau auch dieses abschlagbare Pomeranzenhaus geplant hat. Gegenüberliegend, am südlichen Ende des Parterres, ist an die Terrassenmauer lehnend ein Glashaus zu sehen, das 1717-20 mitsamt einer Muschelgrotte errichtet wurde.
Die Größe des Gebäudes lässt darauf schließen, dass hier nur wenige Pflanzen in Gefäßen überwinterten. Für beide Bauten liegen Handwerkerrechungen vor, so dass sie genau datiert werden können.
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Darüber hinaus hat die Kreisarchäologie Passau bei Grabungen im Spätsommer 2004 sowie 2005 nicht nur die Reste der Fundamente des abschlagbaren Pomeranzenhauses gefunden, sondern sie sicherte auch Tonscherben, Glas- und Eisenteile, Kachelfragmente und Reste von Pflanzgefäßen.
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An der Stelle des ehemaligen Glashauses ist noch eine Feldsteinmauer vorhanden. Auch hier sollen archäologische Grabungen wie auch an der Stelle des ehemaligen zweistöckigen Lusthauses weitere Ergebnisse liefern. Nordwestlich des Schlosses ist bei Wening ein Schießstand eingezeichnet, der auf einem Plan von 1806 als "Schießstatt nebst dem Schloß Ortenburg mit zwei Kugelfang" vermerkt ist.
Im Gelände ist diese Fläche heute noch zu erkennen. Ob Graf Georg Philipp von Ortenburg alle Details dieses aufwändigen Gartens wie ihn Michael Wening dargestellt hat, auch anlegen ließ, ist noch nicht geklärt. Die heutige Geländeformation weist jedoch darauf hin, dass die Grundstrukturen ausgeführt worden sind. 1805/1806 tauschte Graf Joseph Carl von Ortenburg die Reichsgrafschaft Ortenburg gegen das ehemalige Klosteramt Tambach bei Coburg.
Auf dem Plan der Kommision von Schloss Alt-Ortenburg mit angrenzenden Ländereien sind "Schloß-Garten", "Königlichen Forst Thiergarten", "Hopfengarten", "Sectretärgarten", "Heindelgarten" und bei der Schießhütte ein "englischer Garten" verzeichnet.
Am Eingang des ehemaligen Schlossgartens - im heutigen Wildpark - steht ein großer, imposanter Maulbeerbaum, ein vermutlich bayerisches Relikt. Als man 1806, nach Säkularisation und Mediatisierung, Verwendung für die neuen zahlreichen Liegenschaften und Gartenanlagen in Bayern suchte, wurden diese vermutlich in ein Projekt der bayerischen Seidenindustrie mit einbezogen.
Weiße Maulbeerbäume wurden angepflanzt, um für die Seidenraupenzucht das benötigte Futter zu erhalten. Auch der um 1800 von den Ortenburger Grafen eingeführte Hopfenanbau zur Versorgung der beiden gräflichen Brauhäuser begründete eine langjährige Tradition.
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Auf der ersten geographischen Karte von Bayern aus dem Jahr 1844 sind im Bereich Vorderes Schloss noch die Hauptachse des Gartens, unterschiedliche Strukturen für die einzelnen Gartenbereiche und geometrisch angeordnete Bäume eingezeichnet. Zur weiteren Nutzung gibt es bisher keinen Hinweis. An den Geländestrukturen gab es seit mehr als dreihundert Jahren nur unwesentliche Veränderungen.
Weitere Archivarbeiten sowie begleitende archäologische Grabungen in den kommenden Jahren sollen die Kenntnisse zu dem Ortenburger Schlossgarten erweitern sowie als Grundlage für behutsame Restaurierungsmaßnahmen dienen.
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