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Wein (Vitis vinifera)
Der in warmen Ländern üppig wachsende Weinstock, dessen Früchte ein kräftigendes, anregendes Getränk geben, wurde im alten Orient zu einem sprechenden Bild für Freude und Wohlergehen.
Der Wein gehört zu den wichtigsten Früchten des Heiligen Landes. Seit dem dritten Jahrtausend vor Christus war den Menschen in dieser Region die Weinherstellung bekannt und spielte eine große wirtschaftliche Rolle. Man baute den Wein im Orient ursprünglich auf ebenem Boden an, erst seit dem 8.Jh. vor Christus begann man im Bergland Terrassen anzulegen und ihn dort anzupflanzen. Dazu verwendete man die größeren Steine auf dem Gelände und schichtete sie zu Stützmauern auf. In Palästina werden die Reben auch nicht als Strauch gezogen wie bei uns, sondern sie liegen auf dem Boden. Da es dort im Sommer nicht regnet, besteht keine Gefahr, dass sie faulen. Zur Anlage eines Weingartens gehörte auch eine Kelter, die in unmittelbarer Nähe in den Felsen gehauen wurde. Die geernteten Weintrauben wurden darin mit den bloßen Füßen getreten und mit Gewürzen vermischt. Die alljährliche Weinlese im Herbst wurde mit dem Laubhüttenfest beendet, einem einwöchigen Fest, bei dem man Gott für seine Gaben dankte.
Wichtigste Voraussetzungen für ein gutes Gedeihen des Weinstocks sind viel Sonne und ein gut entwässerter Boden auf dem seine tiefgründigen Wurzeln reichlich Halt und Nahrung finden. Der Wein ist ein Strauch der in Wänden oder Lauben in Hausnähe gepflanzt werden kann. Im Weinberg ist er von landwirtschaftlichem Nutzen, jedoch sehr arbeitsintensiv. Die Triebe werden jährlich zurückgeschnitten bis auf wenige Knospen, damit diesen die ganzen Nährstoffe zur Verfügung stehen.
Im Frühjahr sprießen erst die blattlosen Zweige aus den Knospen. Dann wachsen an den Schösslingen große fünflappige Blätter, ihnen gegenüber jeweils eine Ranke. Bei jedem fünften oder sechstem Blatt entsteht statt der Ranke eine Blütenrispe, aus der sich schließlich die Weintrauben entwickeln. Es gibt grüne oder blaue Trauben und man kann sie als frisches Obst genießen, zu Wein keltern oder zu Rosinen trocknen. In junge Weinblätter wickelt man Reis und kann ihn darin garen.
Der Weinberg und die Rebenpflanzung waren im Alten Testament biblische Bilder für das auserwählte Volk: „Ja, der Weinberg des Herrn der Heere ist das Haus Israel, und die Männer von Juda sind die Reben, die er zu seiner Freude gepflanzt hat“ (Jes 5,7). Der Wein steht aber auch für Lebensfreude in der Bibel, und so heißt es bereits im Psalm 104,15: Gott selbst gibt „Wein, der das Herz des Menschen erfreut“. Während das Maßhalten zu den königlichen Tugenden gehört, so soll man doch dem Versinkendem den Rauschtrank gewähren: „Gebt berauschenden Trank dem, der zusammenbricht, und Wein denen, die im Herzen verbittert sind“ (Spr 31,6). Schon Noah trank manchmal zu viel von dem köstlichen Getränk (Gen 9,21), aber es wird auch berichtet, dass nicht nur die Männer übermäßig Wein tranken: „Großer Verdruss ist eine trunksüchtige Frau“ (Sir 26,8). Im neuen Testament wird jedoch schon die Warnung ausgesprochen: „Berauschst euch nicht mit Wein, das macht zügellos“ (Eph 5,18). Ein absolutes Wein- oder Alkoholverbot kennt die Bibel allerdings nicht.
Als erstes Wunder hat Jesus bei der Hochzeit zu Kana Wasser in Wein verwandelt (Joh 2,3-10), ein Hinweis auf die anbrechende Freude und Segensfülle des Gottesreiches. Die vielen Mahlszenen im Neuen Testament verdeutlichen, dass Jesus tatsächlich das „Leben in Fülle“ (Joh 10,10) und Gemeinschaft bringen wollte; das brachte ihm den Vorwurf ein, er sei ein „Fresser und Säufer“ (Mt 11,19).
Auch der Kombination von Wein und Öl kommt in der Bibel immer wieder herausragende Bedeutung zu. Der barmherzige Samariter goss Öl und Wein in die Wunden des Verletzten (Lk 10,34). Selbst in der Apokalypse wird dem Reiter auf seinem schwarzen Ross, den Gott als Heimsuchung auf die Erde sandte, zugerufen: „Aber dem Öl und dem Wein füge keinen Schaden zu“ (Offb 6,6). Wein und Öl sind in der Bibel nicht nur im irdischen Sinne von heilender Wirkung, sondern verhelfen auch im himmlischen Sinne zur Heilung. Den Höhepunkt biblischer Weinsymbolik lesen wir nach bei Matthäus, als Jesus beim letzten Abendmahl den Kelch mit Wein seinen Jüngern gab: „Trinkt alle daraus; das ist mein Blut, das Blut des Bundes, das für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden“ (Mt 26,27f). Den Weinstock verwendet Jesus auch für ein Gleichnis für das Leben der Christen nach ihm. Er spricht zu seinen Jüngern: „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben“, so heißt es im Johannesevangelium (Joh 15,5).
Einen Weinberg zu besitzen, das bedeutete im Altertum Reichtum und Segen. Dass der Wein den Menschen auch erfreute, ist in der Bibel immer wieder zu lesen, wohl deshalb wird er so oft erwähnt. Das berauschende Getränk kann zur höchsten Ekstase führen, aber auch zur Zerstörung der Existenz, daran hat sich bis heute nichts geändert.
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