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Die Idee, einen Garten nach einem bestimmten Thema anzulegen, ist nicht neu. Die Geschichte der Gartenkunst ist annähernd drei Jahrtausende alt. Seither setzen Gärtner ihre kreativen Wünsche und Vorstellungen um. Gartengeschichtlich ist der Bibelgarten ein Ort, der die Geschichte der Bibel vermittelt. Für die Menschen ist der Bibelgarten ein Schlüssel zur Botschaft Gottes. In einer Zeit, in der der Mensch von vielen nur noch als Konsument und Humankapital gesehen wird, geben religiöse Wurzeln auf der Suche nach dem Sinn des Lebens Halt. Der Bibelgarten ist eine Nische; in einer zunehmend sinnentleerten Welt ist er ein positiver Raum des Widerstands – gegen ständige Leistungssteigerung, mediale Allmacht und Schnelllebigkeit.
Um einen Bibelgarten zu gestalten muss man weder Botaniker noch Theologe sein.
Doch die Bibliothek zur Planung des Gartens sollte eine Bibel und einige botanische Fachbücher enthalten, um sich ein Grundwissen zu erwerben.
Die folgenden Anregungen dienen zur ersten Orientierung. Dazu gehören geschichtliche und botanische Grundlagen, aber auch einfach „Geschichten“, in aller Kürze und Unvollständigkeit, denn „Stückwerk ist unser Erkennen“ (1 Kor 13,9).
Es gibt viele Leitmotive, nach denen man einen Bibelgarten gestalten kann (siehe auch die theologischen Ausführungen zur Konzeption von Bibelgärten im Beitrag von Katrin Stückrath). Doch nur wenige sind so faszinierend und spannend wie das Motto: Pflanzen aus der Bibel. Schon das Suchen der entsprechenden Bibelstellen wird für die meisten zu einer kleinen Forschungsreise. Wer die Bibel aufschlägt, findet auf der ersten Seite die Geschichte von der Erschaffung der Welt. In der Schöpfungserzählung bestimmt Gott: „Das Land lasse junges Grün wachsen, alle Arten von Pflanzen, die Samen tragen, und von Bäumen, die auf der Erde Früchte bringen mit ihrem Samen darin“ (Gen 1,11). Gleich darauf hören wir eine der bekanntesten Geschichten der Bibel. Eva nimmt eine Frucht vom Baum der Erkenntnis und gibt ihrem Mann Adam davon zu essen (Gen 3,6). Der Verstoß gegen das göttliche Verbot, Früchte von diesem Baum zu essen, führt zur Verfluchung des Menschen und zur Vertreibung aus dem Paradies. Es steht übrigens nirgendwo in der Bibel, dass es ein Apfelbaum war, aber man erkennt hier ganz besonders den Symbolcharakter der Pflanzen bei der Bibelauslegung. Der Mensch fällt durch diesen Erkenntnisgewinn aus dem göttlichen Schutz heraus und muss nun sein Leben selber gestalten. Gisela Andresen von der Nordelbischen Bibelgesellschaft in Schleswig schreibt in ihrem Buch „Gartengeschichten der Bibel“ (2006): „Die Bibel selbst gäbe Anlass, eine regelrechte ‚Theologie des Gartens’ zu entwickeln. Beim Schmökern in den Geschichten der Bibel stoßen Sie auf Bekanntes aus der Welt des Gartens: auf engagierte Gärtner, den alltäglichen Kampf mit dem Unkraut und Schädlingen, Gesundheitstipps aus der Gartenapotheke, aber auch auf rauschende Gartenfeste und lauschige Gartenplätzchen.“
Die biblische Landschaft – Klima und Vegetation im Land der Bibel Schauplatz der Bibel ist das östliche Mittelmeergebiet. Das biblische Israel bestand aus den beiden Gebieten längs des Jordans, es grenzte im Norden an Assyrien und im Süden an Ägypten, die damaligen Großmächte, an. Im Norden erreicht der Berg Hermon eine Höhe von 2800 m – während im Süden das Gebiet des Toten Meeres 396 m unter dem Meeresspiegel liegt. Ein ansteigendes Gebirgssystem trennt das Mittelmeer vom Jordangraben. Bis 3000 Jahre vor Christus waren große Teile der Landschaft noch bewaldet. Immergrüne Eichen bedeckten die Berge westlich des Jordans und in Bereichen der Küstenebene, in Teilen des Karmelmassivs erstreckten sich ausgedehnte Vorkommen der Taboreiche. Biblische Zeit bedeutet auch: der Übergang des Menschen vom Wanderhirten zum Siedler. Die Menschheit organisierte notwendigerweise ihr Zusammenleben. Das hieß für die Vegetation: Bäume wurden gefällt und Buschwerk gerodet – man brauchte Baumaterial, Ackerland und Weidegründe. Der Verlust dieser Baumbestände war die Ursache einer allmählichen Bodenerosion, die man noch heute beobachten kann. Es gab bis heute auch keinen fundamentalen Klimawechsel – lediglich der Boden wurde weggespült, weil die Bäume fehlten.
Deshalb muss man feststellen, dass es in der Zeit, von der die Bibel erzählt, in Teilen des Landes eine andere Vegetation als heute gegeben hat. Die Vegetation Palästinas ist außerordentlich vielfältig, denn in dieser Region treffen drei Florengebiete aufeinander. Der westliche küstennahe Bereich ist durch mediterranes Klima geprägt. Hier sorgt regelmäßiger Winterregen für ein Gedeihen von immergrünen Eichenwäldern und ermöglicht den Anbau von Wein, Feigen, Oliven und Granatäpfeln. In den nördlich gelegenen Bergen des Libanons wachsen die berühmten Libanon-Zedern, die im gesamten Orient als wertvolles Nutzholz geschätzt wurden. Östlich des Jordans werden die Niederschläge geringer und Steppenvegetation tritt in den Vordergrund. Im Sinai, in der Negev und auf dem größten Teil der arabischen Halbinsel herrscht extrem trockenes Klima mit Wüstenvegetation, die allenfalls als Weideland genutzt werden kann. Wie schon erwähnt gibt es auf kurzer Entfernung oft extreme Unterschiede in der Vegetation. So liegt Jerusalem auf 720 m Höhe im judäischen Bergland und nur 25 km davon entfernt liegt die Oasenstadt Jericho, 260 m unter dem Meeresspiegel.
Der Mensch lebt von der Pflanze Am Ende des Nomadentums und am Beginn der Sesshaftigkeit fingen die Menschen an die Pflanzen zu kultivieren. War das die Vertreibung aus dem Paradies? Bisher war man der Nahrung hinterher gewandert, jetzt mussten die Menschen unter Mühen die Erde bearbeiten. Es wurden Grenzen gezogen und Zäune gebaut, der Schutz des Eigentums und des Zusammenlebens war erforderlich – neue Regeln wurden gebraucht.
Tatsache ist: Der Mensch entwickelt sich dadurch weiter, im dialogischen Wechselspiel mit der Natur. Somit sind viele Pflanzen Zeitzeugen der Kulturgeschichte des Menschen, sie legen einen Grundstein für die „Erfolgsgeschichte Mensch“.
Zur Einordnung von Bibelgärten in die Welt der Gartenkunst ist es wichtig sich zu veranschaulichen: die Berichte der Bibel spiegeln vielfältige Bereiche des menschlichen Lebens wider. In der biblischen Zeit waren Gärten lebensnotwendig, es wurden Kräuter, Gemüse und Obst zum Verzehr angebaut und waren so ein untrennbarer Teil der menschlichen Existenz. In den Gärten des Orients und der Antike wuchsen meist fruchttragende Bäume wie Oliven, Feigen und Granatäpfel und sie dienten „natürlich“ auch als schattiger Aufenthaltsort. Es gibt kaum ein Kapitel in der Bibel ohne einen Hinweis auf Pflanzen oder pflanzliche Erzeugnisse. Über 110 Pflanzen werden in der Bibel namentlich genannt, aber nicht nur Pflanzen aus der Flora Palästinas, sondern auch Duftstoffe, Gewürze und Heilmittel aus fernen Ländern. Elementare Bedürfnisse bestimmen von Anfang an das Verhältnis zwischen Pflanze und Mensch. Die Vegetation stellt die unentbehrliche Grundnahrung bereit, liefert Produkte für Kleidung und Schmuck, reizt mit Düften, lässt Heilkräfte und Rauschwirkung erkennen. Die Pflanze wurde Gegenstand religiöser Verehrung, weil sie den Menschen Heilung und Nahrung bietet. An einzelnen Bildern der christlichen Symbolsprache wird noch heute deutlich, wie das biblische Motiv die Phantasie in gewisse Bahnen zu lenken weiß. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass viele Pflanzen im Laufe der Jahrhunderte mit christlichen Namen belegt wurden, wie Christrose, Johanniskraut oder Marienblümchen. Auch die Attribute von Heiligen sind heute ganz selbstverständliche Sinnbilder: die Rose steht für Maria, das Feigenblatt für die Sünde und die Lilie für die Unschuld.
Geheimnisvolle biblische Pflanzen „Wenn der Herr, dein Gott, dich in ein prächtiges Land führt, ein Land mit Bächen, Quellen und Grundwasser, das im Tal und am Berg hervorquillt, ein Land mit Weizen und Gerste, mit Weinstock, Feigenbaum und Granatbaum, ein Land mit Ölbaum und Honig … dann nimm dich in acht und vergiss den Herrn, deinen Gott nicht" (Dtn 8,7-11). Nicht oft werden in der Bibel Pflanzen so präzise zugeordnet. Einige werden über hundertmal genannt, andere seltener und einige werden nur einmalig erwähnt. Pflanzen ziehen sich durch die ganze Bibel hindurch, sie werden als Geschöpf Gottes verstanden und sind dem Menschen zur Obhut und zur Ernährung übergeben. Wenn man beim Lesen der Bibel darauf achtet, wo Gärten und Äcker erwähnt werden und welche Pflanzen, Früchte und Nahrungsmittel vorkommen, wird man erstaunt sein über die Häufigkeit dieser Angaben. Dass die Schreiber der Bibel keine Botaniker waren und Pflanzenbegriffe ungenau verwendeten oder ganze Gruppen als Baum oder Dorn bezeichneten, macht die genaue Zuordnung schwierig. Zusätzlich ergeben unterschiedliche Bibelübersetzungen aus dem Griechischen und Hebräischen in die jeweilige Landessprache vielfältige Bezeichnungen für die Pflanzen. Aber immer wieder gelingt es heute den Experten, mit modernsten Mitteln der Wissenschaft bestimmte Arten zu präzisieren.
Praktische Tipps - Umsetzung vor Ort Das Thema Bibelgarten ist geradezu prädestiniert, möglichst viele unterschiedliche Gruppen für ein kirchliches Gemeinschaftsprojekt zu begeistern. Man sollte gemeinsam eine geeignete Fläche in der Gemeinde suchen. Ein Bibelgarten kann nicht nur als Ort zum Lernen genützt werden, sondern auch als meditative Zone für die Sinne. Alle interessierten Gruppen sollten informiert und einbezogen werden, damit die Faszination für einen Bibelgarten möglichst viele Gemeindemitglieder erfasst. Vielleicht ergeben sich aus der Gemeinde heraus besondere thematische Zuschnitte für den Bibelgarten. Die verschiedenen Gruppen können Texte aus der Bibel aufspüren, in denen Pflanzen erwähnt werden und die zum Thema des Bibelgartens passen. Bei der Auswahl der Bibelverse ist darauf zu achten, dass eine ausgewogene und attraktive Mischung zusammengestellt wird, um später möglichst viele Altersgruppen anzusprechen.
Wie klein oder groß der Garten auch immer ist – er kann in verschiedene biblische oder pflanzliche Themen unterteilt werden, so dass eine Grundstruktur erkennbar wird. Durch Flechtzäune, Natursteinmauern, Wasserflächen oder Bachläufe mit verschiedenen Schilfarten entstehen verschiedene Bereiche. Man kann große Grünflächen pflegeleicht gestalten, z.B. als „Blumen des Feldes“. Dazu können unterschiedliche Getreidesorten verwendet werden, diese mischt man mit regionalen Blumen wie Kamille, Mohn, Kornblumen, Lein und Distel. Biblische Kräuterwiesen mit Dill, Koriander, Kümmel und Senf sind ebenso erlaubt wie Hecken aus Wermut, Minzen, Rosen und Rizinusstrauch. Bäume und Sträucher werden je nach der Größe des Gartens eingeplant. Mediterrane Pflanzen wie Zitronen, Oliven, Granatapfel und Palmen kann man als Kübelpflanzen integrieren. Die Pflanzen werden mit einer Beschilderung versehen, auf der ein Vers mit der Angabe der Bibelstelle zitiert wird; mit dieser kleinen Hilfe können die Menschen selbständig in die Welt der Bibel eintauchen. Bei der Textauswahl sollte man auf Einheitlichkeit achten, also beispielsweise die Texte durchgängig aus der Einheitsübersetzung, der Lutherbibel oder einer anderen Bibelausgabe heranziehen. Eine attraktive biblische Symbolpflanze, mit der sich die Gruppe identifiziert, kann als „Logo“ für den Bibelgarten dienen; das ist besonders für die jüngeren Menschen wichtig. Wichtig ist auch, dass die Besucher und die Öffentlichkeit regelmäßig über die Aktivitäten im Bibelgarten informiert werden.
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